Geschichte Rodersdorfs

Der abgelegene Hof zu Löwenhausen oder der Leihauserhof wie er heute heisst, hatte sich in den unruhigen Zeiten als allzu vorgeschobener Posten des republikanischen Solothurn im nicht besonders freundlich gesonnenen feudalen Sundgau erwiesen. Solothurn veräusserte ihn darum 1671 – und schmälerte damit sein Gebiet um ein Geringes, das der Gemeinde Rodersdorf hingegen um ein Beträchtliches.

1690 wurde, als dritte und letzte, die mittlere Glocke des heutigen Geläutes gegossen.

Das 18. Jahrhundert war geprägt von den Versuchen Liebenswillers, sich aus dem Kirchspiel herauszulösen. Ein verständliches Bestreben, wenn man berücksichtigt, dass fast sein ganzer Zehnten der Pfrund zukam, was eine solide Basis für eine eigene Pfarrei abgegeben hätte! Aber da Solothurn der Sitz des französischen Gesandten war – des Ambassadors – zeigte Frankreich wenig Lust, es wegen einer Landpfarrei mit dem Gastgeber zu verderben und die Versuche liefen ins leere.

Dachreiter mit Pisoni-Haube
Bild: Dachreiter mit Pisoni-Haube
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Dachreiter mit Pisoni-Haube
Bild: Dachreiter mit Pisoni-Haube

1775–81 wurde dem Kirchturm die vom jüngeren Pisoni als obrigkeitlichem Baumeister entworfene elegante Haube verpasst.

DIE FRANZÖSISCHE REVOLUTION

Als 1789 die Französische Revolution ausbrach, war die Pfarrei Rodersdorf erneut direkt betroffen. Der Pfarrer wurde wegen der ausländischen Dörfer der Pfarrei mit allerhand französischen Forderungen konfrontiert. Die ausländischen Einkünfte waren – wenn überhaupt – nur noch unter erschwerten Bedingungen einzubringen. Im Zuge der Bestrebungen eine Nationalkirche einzurichten, wurde den Pfarrherren vom französischen Staat der Eid auf die Verfassung gefordert. Darauf aber stand die kirchliche Exkommunikation! Priester aber, welche den Eid nicht geschworen hatten und sich bei kirchlichen Handlungen ertappen liessen, wurden nach kurzem Prozess hingerichtet.

Mit der 1792 erfolgten Annexion des weltlichen Herrschaftsbereiches des Basler Fürstbistums wurde das solothurnische Leimental zur Enklave im französischen Territorium, gehörte doch nun das ganze hintere Tal bis Oberwil – mit der einzigen Ausnahme der baslerischen Dörfer Biel und Benken – zu Frankreich, ebenso das ganze Birseck. Die Situation des solothurnischen Leimtal gestaltete sich von Tag zu Tag schwieriger. Handel und Wandel wurden beeinträchtigt, französische Emigranten weckten den Argwohn der Revolutionäre und die freie Ausübung der traditionellen Religion lockte die Gläubigen bis weit ins Elsass an.

In dieser heiklen Lage bewies Solothurn mit der Ernennung von Urs Viktor Studer zum Pfarrer erneut grosse Umsicht. Studer nahm sich nach Möglichkeit seiner französischen Pfarrkinder an, welche, wie die meisten Sundgauer, nichts mit den geschworenen Priestern zu tun haben wollten. Bald setzte ein richtiger ,,Sakramenten-Tourismus“ ein. Bei Nacht und Nebel wurde Rodersdorf von Eltern mit Täuflingen und von trauungswilligen Paaren aufgesucht, vorwiegend aus dem Sundgau, aber auch aus entfernteren Gebieten. Die sakralen Handlungen fanden sicherheitshalber nicht in der Kirche sondern in einer Scheune statt. Pfarrer Studer legte ein eigenes Register an, in welchem in der Folge bis 1802 über neunhundert Taufen und über vierhundert Eheschliessungen eingetragen werden sollten. Dass diese Aktivitäten den Revolutionären nicht verborgen bleiben konnten, liegt auf der Hand. Entsprechend gereizt war denn auch das Klima. Studer musste 1797 sogar die Pfarrei räumen, aber nur um im Frühjahr 1798 wieder zurückzukehren.

Eheregister
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Eheregister

Bild: Doppelseite aus dem Eheregister der heimlichen Trauungen während der französischen Revolution.

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